Die Arbeiterwohlfahrt Bonn/Rhein-Sieg (AWO) bittet unter dem Motto „Bibs für Kids“ um Spenden, damit sie in ihren Kitas Bibliotheken einrichten kann. Die AWO will allen Kindern einen Zugang zu Büchern ermöglichen und damit die Bildungschancen verbessern, das Land bezahle solche Bibliotheken aber nicht. Die jüngsten Bildungsstudien IGLU und PISA hätten desolate Ergebnisse gezeitigt, sagte AWO-Vorsitzender Heinz-Willi Schäfer bei der Vorstellung der Initiative in der Kita Sonnenblume in Alfter, „die Grundlagen für Bildungserfolg werden aber schon im Kita-Alter gelegt“. Eine erste Spende über 3.500 Euro für die Kita-Bibliotheken übergab die Initiative ´Weihnacht em Dörp´ aus Lohmar-Breidt.
Der Schock nach der Vorstellung der internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) im Mai 2023 saß tief: „Rund ein Viertel der Grundschüler*innen erreicht nach internationalem Standard keine ausreichende Lesekompetenz und muss dementsprechend mit großen Schwierigkeiten im weiteren Verlauf der Schul- und Berufszeit rechnen. In den zwanzig Jahren der Studie hat sich die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland nicht verbessert“, berichtete das Institut für Schulentwicklungsforschung der TU Dortmund. Die im Dezember vorgestellten Ergebnisse der PISA-Studie ergaben, dass die 15-Jährigen in Deutschland in allen Kompetenzbereichen auf die niedrigsten Werte abgefallen sind, die hierzulande im Rahmen von PISA je gemessen wurden.
„Alle aktuellen Bildungsstudien stellen der deutschen Bildungslandschaft ein verheerendes Zeugnis aus“, sagt Heinz-Willi Schäfer, Vorsitzender der AWO. Für ihn besonders alarmierend: Bildungs- und damit Zukunftschancen der Kinder hingen immer noch vom Geldbeutel und dem sozialen Status der Eltern ab. „Dem wollen wir als AWO etwas entgegensetzen. Wir werden in unseren 19 Kitas in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis mit Bibliotheken allen rund 1.000 Kindern einen Zugang zu Literatur schaffen und aktiv die Sprachentwicklung fördern. Dafür bitten wir um Spenden, denn Kita-Bibliotheken werden vom Land nicht bezahlt“. Kitas seien grundsätzlich unterfinanziert.
Grundlagen für Bildungserfolg schon vor der Grundschule
Die frühe Förderung der Sprachentwicklung sei entscheidend für die späteren Bildungschancen, begründet Nicole Klein, Fachberaterin „Sprache“ für die AWO-Kitas. „Sprache ist der Schlüssel zur Welt, Sprachkompetenz entscheidend für Erfolge in allen Schulfächern“. Die Grundlagen würden schon vor Beginn der eigentlichen Schulzeit gelegt. „Der Eintritt in die Grundschule ist hier nicht Stunde Null“, erklärt Nicole Klein.
Schon im Alter von drei Jahren haben Kinder aus akademischen Haushalten einen drei Mal so großen Wortschatz wie Kinder aus Arbeiterfamilien.
Wer also die Sprachkompetenz fördern und mehr Chancengleichheit schaffen wolle, müsse damit bereits in der Kita beginnen.
Zuhause fehle vielen Kinder ein Zugang zu Büchern und Literatur. Laut Vorleseminitor der Stiftung Lesen hätten 44 % der Ein- bis Achtjährigen nicht mehr als 10 Bücher Zuhause. 39 % werde „selten“ oder „nie vorgelesen. Dabei sei gerade das Vorlesen grundlegend für eine gute sprachliche Entwicklung, berichtet Klein.
„Uns ist wichtig, dass die Bibliotheken einen einfachen Zugang zur abenteuerlichen Welt der Bücher ermöglichen und Wohlfühl-Orte werden, an denen sich die Kinder gerne aufhalten“, erzählt Janina Knott, Betriebsleiterin der AWO-Kitas. „Deshalb haben wir in Nicole Klein eine Fachberaterin Sprache in unseren Reihen, die Fachkräfte in allen Kitas schult und berät und die Kita-Bibliotheken kompetent einrichtet“. Genauso wichtig sei es, die Nutzung der Medien in den Kita- und den Kinder-Alltag zu integrieren. Deshalb wolle die AWO dabei ein einfaches Ausleihsystem einrichten. „Auch zuhause sollen sich alle Kinder regelmäßig mit Büchern und Hörspielen beschäftigen können.“, sagt Klein.
Erste Spende über 3.500 Euro aus Lohmar
Dass es überhaupt zur Spendenkampagne kam, verdanken die Kindergartenkinder auch der Initiative ´Weihnacht em Dörp´ aus Lohmar-Breidt. „Wir hatten bisher nur den großen Traum, einmal in allen Kitas Bibliotheken zu haben“, erzählt AWO-Vorsitzender Heinz-Willi Schäfer. „Dann aber kam die Initiative aus Breidt auf der Suche nach einem Spendenzweck für ihre Adventsvorstellungen auf uns zu.“
Die Initiative der Bürgerschaft, unterstützt von den Vereinen des Breidter Rückens und eine Vielzahl weiterer engagierter Menschen, entwickelt seit 2006 ein Kulturprogramm, das vor Weihnachten aufgeführt wird. Mit dem Programm werden Spenden für verschiedene wohltätige Zwecke gesammelt.
„Als die AWO uns vorschlug, eine Kita mit einer Bibliothek auszustatten, um die Bildungschancen von Kindern zu verbessern, waren wir sofort begeistert“, erzählt Uwe Deger, Sprecher der Initiative ´Weihnacht em Dörp´. „Vor allem die nachhaltige Wirkung des Projekts hat uns überzeugt.“ Gemeinsam habe man dann die Idee ausgeweitet und „angefangen größer zu denken“. Eine solche Benefiz-Aktion tue allen gut: „der Gesellschaft, den Mitarbeiterinnen der Kitas, den Kindern, aber auch uns selbst“, sagt Deger.
Bei der Vorstellung der Spendenkampagne übergab die Initiative einen Spendenscheck über 3.500 Euro an die Arbeiterwohlfahrt. „Wir können den Breidtern gar nicht genug danken“, antwortete der AWO-Vorsitzende: „für das Geld genauso wie für den Mut, größer zu denken“.
Auf rund 70.000 Euro schätzt die AWO den Bedarf, ihre 19 Kitas mit Bibliotheken auszustatten. „Aber schon kleine Beträge helfen uns“, sagt Kita-Chefin Janina Knott: Bilderbücher gebe es ab 10 Euro, für 15 Euro eine Tonie-Figur, für rund 80 Euro Bilderbuchtheater oder eine Tonie-Box.
„Wir bitten deshalb alle Menschen um Spenden für diese nachhaltige Investition in die Zukunft unserer Kinder“, appelliert AWO-Vorsitzender Heinz-Willi Schäfer. Teil der Spendenkampagne sei aber auch die gezielte Ansprache von Organisationen an den Standorten der Kitas und die Zusammenarbeit mit Buchhandlungen.
Spendenkonto: SozialBank Köln
IBAN: DE12 3702 0500 0006 0400 09
BIC: BFSW DE33 XXX
Spendenzweck: Kita-Bibliotheken