1. Völkerballmannschaft F.I./ AWO gewinnt Turnier in Birk
von Stefan Stallbaum
11:25 Uhr an der Flüchtlingsunterkunft Am Stadion - Das Trainer- und Betreuerteam schaut sich fragend an: „Wo verdammt noch mal ist die Mannschaft?“, platzt es mir heraus. Der Spieler Mohammed Ali B., der bereits seit 11:00 Uhr wartet, macht sich auf den Weg und klingelt bei seinen Mitspielern. Verschlafen wird ihm die Tür geöffnet und auf den Satz „um 11:30 Uhr war Treffen vereinbart“ wird nur keck geantwortet „dann habe ich ja noch zwei Minuten.“ Von einer Grundnervosität ist nichts zu spüren. Profis halt. Um kurz vor 12:00 Uhr sind die Autos besetzt und die 1. Völkerballmannschaft der Flüchtlingsinitiative Lohmar/ Siegburg und der AWO Bonn/Rhein-Sieg, kurz: F.I./ AWO macht sich auf den Weg zum Turnieraustragungsort in Birk. Obwohl unsere Mannschaft in der jetzigen Konstellation nicht ein einziges Mal zusammen trainiert hat, ist auch weiterhin keine Nervosität zu beobachten.
In Birk angekommen werden wir sehr herzlich von den Jusos, den Veranstaltern des Turniers, begrüßt. Die kostenlose Verpflegung lässt nicht zu wünschen übrig. Nur die Frage, ob dies alles Sportlernahrung ist, muss man sich stellen. Bei der Wahl zwischen einem Apfel und einem Stück Kuchen vor dem ersten Spiel ist die Wahl schnell getroffen. Kuchen!
Zehn Mannschaften haben sich für das Völkerballturnier gemeldet. Per Losverfahren werden für jede Mannschaft drei Begegnungen bestimmt. Siege und Punkteverhältnis (für jeden verbliebenen Spieler auf dem Feld gibt es einen Punkt) bestimmen die Platzierung in der Tabelle. Die ersten sechs Mannschaften kommen in die Gruppenphase. In den zwei Gruppen mit je drei Mannschaften qualifizieren sich die jeweils ersten beiden Mannschaften. Im Anschluss wartet die K.-o.-Phase auf die verbliebenen vier Mannschaften.
Direkt im ersten Spiel trifft die Mannschaft auf Petz United, die von mir in meiner Trainerfunktion als stärkster Gegner ausgemacht worden ist. Leichte Unsicherheiten, vielleicht auch ein bisschen Überheblichkeit, sind die ausschlaggebenden Punkte, die zur 2:0 Niederlage führen. Von der hitzigen Atmosphäre auf dem Spielfeld ist nach dem Spiel nichts mehr zu spüren. Die fairen Sieger suchen sofort den Kontakt und muntern die Verlierer auf. Erstes Spiel, erste Niederlage. So kann es nicht weitergehen, ich rufe meine Truppe zusammen. Nach meiner Ansprache, so hoffe ich, schöpfen meine Spieler neuen Mut und lassen die Köpfe nicht mehr hängen. Doch einen weitaus größeren Einfluss auf den Turnierverlauf sollte die Taktikansprache des Kapitäns Ismail M. haben. Die nächsten zwei Spiele werden 5:0 gewonnen.
Im Anschluss an das letzte Spiel verkündet der Organisator die Tabelle. Petz United qualifiziert sich als Erster mit drei Siegen und 10:0 Punkten. Auf dem zweiten Platz folgt die F.I./AWO mit zwei Siegen und 10:2 Punkten. Fest steht, dass unsere Jungs erst in der K.-o.-Phase auf Petz United treffen können - und dass wollen sie. Am liebsten im Finale, denn „zweimal gegen eine Mannschaft verlieren wir nicht“, so der Spieler Alfi D. Auch die Gruppenphase hält keine größeren Überraschungen parat. Meine Jungs setzen sich mit 5:0 und 2:0 durch, Petz United mit 3:0 und 4:0.
16:30 Uhr - Alle Augen sind auf das Spielfeld gerichtet, auf dem sich die Mannschaften von F.I./AWO und Petz United gegenüberstehen. Der Schiedsrichter pfeift an, die Spieler stürmen zu den Bällen. Beide Mannschaften schenken sich nichts, auf beiden Seiten werden Spieler abgeworfen und müssen das Feld verlassen. In einer Powerplay-Phase stürmen die verbliebenen Mohammad B., Alfi D. und der Kapitän Ismail M., je mit einem Ball ausgerüstet, nach vorne und werfen fast zeitgleich auf die verbliebenen zwei Gegner. Nur einer hält seinen Wurf im letzten Moment zurück und wartet ab, dass die anderen zwei Wurfgeschosse ein Ziel eliminieren. Während der letzte verbliebende Gegner verblüfft zuschaut, wie sein Mitspieler abgeworfen wird, visiert Ismail M. ihn an, wirft und trifft. Das Spiel ist aus, Freundschreie hallen durch die Turnhalle. Wie nach dem ersten Spiel kommt es zum Abklatschen mit dem Gegner. Die Spieler von Petz United beweisen wahre Größe und zeigen, dass sie nicht nur gute Gewinner, sondern auch gute Verlierer sind.
Nach der Siegerehrung auf dem Parkplatz hebt Alfi D. den Pokal in Richtung Trainer und sagt „hab doch gesagt, wir verlieren nicht zweimal gegen die selbe Mannschaft.“ Freudestrahlend geht es zurück nach Siegburg. An der Unterkunft angekommen werden sie mit Jubel empfangen, die frohe Botschaft hat sich also schon verbreitet. Die Siegesfeier kann beginnen. Ein großer Tag für die Mannschaft F.I./AWO!
Hintergrund: Bereits zum zweiten Mal fand am 1.4.2017 das von den JUSOS Lohmar und Siegburg veranstaltete Völkerballturnier statt, diesmal im Bürgerzentrum Lohmar -Birk. Schirmherr war in diesem Jahr MdL Dirk Schlömer.