Für eine aktive Wohnungs-Politik im Rhein-Sieg-Kreis
Eine aktivere Wohnungsmarktpolitik für den Rhein-Sieg-Kreis fordert das Bündnis Wohnen Rhein-Sieg, ein Zusammenschluss aus den Wohlfahrtsverbänden (AWO, Caritas, Diakonie, DRK und Paritätischer Wohlfahrtsverband), dem DGB sowie dem Deutschen Mieterbund Bonn/ Rhein-Sieg/ Ahr.
Die Zahl der Menschen im Rhein-Sieg-Kreis wächst. Ganz entgegen dem Deutschlandtrend nimmt die Bevölkerung immer noch zu. Eine Bevölkerung, deren Pro-Kopf-Kaufkraft im Bundesgebiet eine der höchsten und deren Arbeitslosenquote mit 5,2 Prozent eine der niedrigsten ist. Und diese Menschen wohnen in einer Region, die in weiten Teilen mit ebenso hervorragenden Bildungsangeboten und Dienstleistungen wie Verkehrsanbindung punkten kann.
Dann ist also alles gut im Rhein-Sieg-Kreis? Sicher nicht.
Kritisch zu betrachten ist ganz zuvorderst ein strukturelles und in der Zukunft immer drastischer werdendes Problem, so mahnen die Wohlfahrtsverbände sowie der Mieterbund und der Deutsche Gewerkschaftsbund an: Es fehlt an Wohnraum. Wohnraum für „Normalbürgerinnen“ und -bürger, vor allem aber für geringer Verdienende, für älter werdende Menschen und für Menschen mit einem Handicap. Diese Situation geht nicht nur in vielen Fällen zulasten der Menschenwürde. Sie kostet auch Geld: Die finanziellen Folgen solcher Fehlentwicklungen hat überwiegend die Allgemeinheit zu tragen, da die Kommunen die steigenden Wohnkosten der Bezieher von Transferleistungen auffangen müssen.
Deswegen legen die Mitglieder des Bündnisses gemeinsam ein Forderungspapier sowie einen dazugehörigen 14-seitigen, die Situation beleuchtenden Bericht vor.
Es fehlt demnach an einem Zuhause für Menschen, die immer vielfältigere Bedürfnisse haben. Zwei Drittel der Menschen in der Region leben in Single- oder Zweipersonen-Haushalten. Die wachsende Zahl Älterer unter ihnen benötigt dazu nicht nur solche kleinen, sondern auch barrierearme Einheiten. Junge Familien brauchen größere Wohnungen oder Einfamilienhäuser. Die ohnehin schwierige Lage des Mietwohnungsmarkts wurde mit der Zuweisung von Flüchtlingen – bis 31. Oktober 2016 waren es auf die 19 Kommunen verteilt 7000 Menschen – noch offenbarer. Laut einer Rechnung des Landesministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW benötigt die Region bis zum Jahr 2020 jährlich 2.300 Wohnungen, um den Bedarf zu decken.
Leicht nachvollziehbar ist, dass in einer solchen Situation ein Verdrängungsprozess stattfindet. Weil freie Wohnungen seltener geworden sind, werden sie teurer. Weil Wohnungen in Stadtnähe besonders beliebt sind, steigen die Preise vor allem in Nähe der Stadt Bonn, in den großen Kommunen des Kreises sowie nahe der „Rheinschiene“. Doch arbeiten 22,6 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Rhein-Sieg-Kreis im unteren Einkommenssektor. Sofern sie nicht in Familien mit einem Haupterwerbstätigen wohnen, leben sie unter oder knapp über der Armutsgrenze. Im Wettbewerb um das knappe Gut Wohnung haben Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Menschen, die im Alter nur über geringe Einkünfte verfügen, schlechte Chancen und werden oft in wenig attraktive Wohnviertel und -lagen abgedrängt.
Gemeinsam wenden sich die Mitglieder des Bündnisses deshalb mit einem Forderungspapier an die Vertreterinnen und Vertreter von Politik und Verwaltung im Rhein-Sieg-Kreis: Es geht um eine aktivere Wohnungsbaupolitik, die eine gezielte Förderung des sozialen Wohnungsbaus betreibt, die den Bau von Wohnungen für Menschen mit einem unteren oder mittleren Einkommen verbindlich festlegt und mit Mietspiegeln und Katastern für mehr Transparenz sorgt. Es geht auch darum, dass alle Kommunen und die Stadt Bonn an einem Strang ziehen, um Lasten gerechter zu verteilen. Nicht zuletzt soll eine intensivere und personell verstärkte Aufsicht unter anderem dazu beitragen, dass Wohnungen nicht als Feriendomizile oder Gewerbeflächen missbraucht werden.