Veranstaltung am Vorabend zum Tag der Menschenrechte in Siegburg
„Familiennachzug - Wie schaffen wir das?“ war das Thema einer Veranstaltung am Vorabend zum Tag der Menschenrechte am 9. Dezember 2016 in Siegburg. Viele Geflüchtete sind mittlerweile länger als ein Jahr von ihren Familien getrennt, sie leben hier in Deutschland und können nichts für ihre Frauen und Kinder tun, die im Heimatland zurückgeblieben sind. Drei von ihnen tauschten sich im Siegburger Servatiushaus öffentlich mit Bundestagsabgeordneten aus der Region aus, moderiert wurde die Veranstaltung von Tom Hegermann.
Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zu der öffentlichen Veranstaltung gekommen, die von AWO, Caritas, Diakonie, SKM, SKF, Kurdischer Gemeinschaft und der Initiative „Rettet Syriens Familien“ in enger Zusammenarbeit vorbereitet worden war. An den über 200 Gästen wurde deutlich, dass das Interesse an dem Thema nach wie vor groß ist.
Vom Deutschen Institut für Menschenrechte stellte Dr. Hendrik Cremer in seinem Eingangsstatement Artikel 6 des Grundgesetzes in den Vordergrund, der den Schutz von Ehe und Familie vorsieht. War es nach seinen Worten bis März 2016 noch möglich, die engen Familienangehörigen sicher und legal nach Deutschland zu holen, so sei dies wegen der pauschalen Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte im Asylpaket II inzwischen in vielen Fällen nicht mehr möglich.
Zuvor hatte Franz-Josef Windisch vom AWO Kreisverband Bonn/ Rhein-Sieg, die zahlreichen Gäste als Sprecher der Wohlfahrtsverbände mit den Worten begrüßt „beim Familiennachzug geht es nicht um Zahlen, sondern um Menschen in Not“. Entsprechend gab der Abend den Besuchern und den Bundestagsabgeordneten Lisa Winkelmeier-Becker - CDU, Sebastian Hartmann - SPD, Katja Dörner - Bündnis 90/ Die Grünen und Alexander Soranto Neu - Die Linke einen konkreten Einblick in Schicksale, die hinter den veröffentlichten Zahlen stecken.
Gemeinsam berichteten drei Geflüchtete, Ashraf, Mohamed und Yassin, dass es für sie kaum absehbar sei, wann sie ihre Familien wieder sehen könnten. An diesem Abend konnten sie erklären warum Männer alleine, ohne ihre Familien, fliehen. Viele von ihnen stehen von heute auf morgen vor der Entscheidung, entweder zum Militär zu gehen oder zu desertieren. In Syrien beschließen auch viele Gegner Assads, denen Verfolgung droht, in einer Nacht und Nebel Aktion zu fliehen. Oft fehlt auch das Geld um die Familie mitzunehmen.
Yassin ist mit seinem 10jährigen Sohn nach Deutschland geflohen, der 17jährige Sohn sollte zum Militär eingezogen werden und floh in den Sudan, wo er im Moment alleine lebt. Die Mutter und der 15jährige Bruder blieben in Syrien. Der 15jährige wurde dort von Militärpersonen krankenhausreif geschlagen. Die Familien, die zurückbleiben haben oft kein Verständnis dafür, dass sie nicht nach Deutschland nachkommen können. Sie haben die Geste der Bundeskanzlerin und ihren Ausspruch „Wir schaffen das“ vor Augen und verstehen oft nicht warum die Prozesse nun so lange dauern.
Erfreulich war nicht nur die Reaktion der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einen rundum gelungen Abend, erfreulich ist auch die Resonanz, die inzwischen zu dieser Veranstaltung zu verzeichnen ist.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat mittlerweile Kontakt zur SPD-Bundestagsfraktion aufgenommen und von einer hervorragenden Veranstaltung zum Thema Familiennachzug in Siegburg berichtet. Weiterhin wurde nachgefragt, welche Gesetzesänderungen inzwischen zum Asylpaket II im Gespräch sind. Und in einer gerade veröffentliche Stellungnahme des Instituts werden konkrete Korrekturen zur Verwaltungspraxis und zur Gesetzgebung vorgeschlagen.
Dazu meinte eine Teilnehmerin aus dem Vorbereitungsteam: “Leute, wir schlagen Wellen!“.