Mit Mut zur Zukunft die Neugestaltung der Sozialsysteme angehen.
Das war das bestimmende Motto bei einer Veranstaltung der Arbeiterwohlfahrt Bonn/Rhein-Sieg e.V. im Lotte-Lemke-Haus in Bonn-Tannenbusch, die im Rahmen der AWO-Aktionswoche 2016 stattfand. Zum Thema „Neue soziale Sicherheit - zur Zukunft der Sozialsysteme“ referierten der Bonner Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und der Vorsitzende des DGB Bonn/Rhein-Sieg, Bernd Weede. Beide zeigten deutliche Reformansätze auf.
Ulrich Kelber äußerte in seinem Eingangsstatement Verständnis für die Sichtweise vieler Menschen von zunehmenden gesellschaftlichen Veränderungen und der zunehmenden Kluft zwischen privatem Reichtum einerseits und Kürzungen in zentralen Bereichen des Sozialstaats anderseits. Genau vor diesem Hintergrund habe die SPD im Rahmen der großen Koalition Systemänderungen durchsetzen können, wie beispielsweise den Mindestlohn oder die Mietpreisbremse.
Nicht allein für den Bereich der Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung sprach sich Kelber deutlich für eine Bürgerversicherung aus, die private und gesetzliche Krankenversicherung unter einem Dach vereine. Auch die Erfahrungen mit der privatisierten Berufsunfähigkeitsrente hätten deutlich gezeigt, dass eine Privatisierung nicht zum gewünschten Ziel geführt habe. Ebenso müssen die Pflege- und die Rentenversicherung aus seiner Sicht in eine Bürgerversicherung mit einbezogen werden.
DGB-Chef Bernd Weede setzte sich mit der Finanzierung eines neuartigen Systems der Sozialversicherung auseinander. Eine Kernforderung der Gewerkschaften bleibe es, wieder zu einer paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu kommen. Angesichts der absehbaren Probleme für die sozialen Sicherungssysteme könne für ihn eine „Schwarze Null“ im Bundeshaushalt nicht von vornherein ein Dogma bleiben.
Notwendig seien jetzt Investitionen in eine zukunftsorientierte Infrastruktur mit der auch dauerhaft Arbeitsplätze gesichert werden könnten.
Dieses Stichwort griff Ulrich Kelber auf und machte deutlich, dass insbesondere mehr Geld in die Bildung von Kindern investiert werden müsse. Zur Finanzierung sei es erforderlich Änderungen bei der Vermögens- oder der Erbschaftssteuer zu entwickeln.
Fachkundig moderiert wurde die Veranstaltung von Harald Eichner, dem sozialpolitischen Sprechers der SPD-Kreistagsfraktion im Rhein-Sieg Kreis, von dem in der anschließenden Diskussion auch Themen wie „Leistungsgerechtigkeit kontra Verteilungsgerechtigkeit“, „Bedingungsloses Grundeinkommen“ oder die zu verstärkende „Individualisierte Hilfe“ für Langzeitarbeitslose angesprochen wurden.
Klar wurde an diesem Abend: Eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme ist notwendig. Erforderlich bleibt es, mit mehr Mut zur Zukunft die Neugestaltung der Sozialsysteme anzugehen.